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Inzwischen kommen immer mehr Machenschaften der US-Regierung ans Licht, mit denen sie in ungeahntem Umfang Desinformation betrieb.

DiePresse.com berichtet:

US-Regierung “kaufte” Militärexperten für die Medien

21.04.2008 | 15:30 | (DiePresse.com)

Die “New York Times” enthüllte dubiose PR-Strategien der Bush-Regierung: Ein Netzwerk von Militärexperten sorgte gezielt für Desinformation in den Medien. Beeinflusst wurden Berichte über Guantanamo und den Irak-Krieg.

Tausende Male traten Dutzende von Militärexperten im US-Fernsehen, in Zeitungen und im Radio auf, um über etwa den Krieg im Irak und das Gefangenenlager Guantánamo zu berichten. In der Regel waren die Männer pensionierte Top-Offiziere. Lange Jahre Dienst beim US-Militär habe sie befähigt, die Lage in den Krisengebieten einschätzen zu können, machten sie der Öffentlichkeit glauben. Was niemand wusste: Sie wurden direkt vom Pentagon gelenkt. Das deckte die “New York Times” nun auf. Sie verklagte das Pentagon auf den Zugang zu mehr als 8000 Seiten mit E-Mails, Gesprächsabschriften und sonstigen Akten. Das Material konnte nun ausgewertet werden und das Ergebnis ist erschütternd: Die US-Regierung hat Militärexperten angewiesen, positiv über den Irakkrieg oder das Gefangenenlager Guantanamo zu berichten. Und die Weisungen kamen von ganz oben.

Anfänge bereits vor 11. September

Nach Recherchen der “New York Times” wurden bereits im Jahr 2002 mehr als 75 Militärexperten dazu benutzt, ein System zu gezielten Verbreitung von Desinformation aufzubauen. Damals bereiteten die USA ihren Angriff auf den Irak vor. Die Männer bekamen privilegierten Zugang zu Informationen und zu führenden Mitgliedern der Streitkräfte und der Regierung – im Austausch dafür sollten sie in den Medien die Sicht der US-Regierung vertreten.

Die ehemalige PR-Beraterin Torie Clarke dirigierte die Propaganda-Truppe im Ministerium und baute sie zu “Experten” auf. Die Strategie nannte sie “Informationsdominanz”. Bereits vor dem 11. September 2001 feilte sie an der Idee von “Schlüssel-Einflüssen”. Die pensionierten Militärs waren ideal dafür: Sie galten als respekteinflößend, die meisten von ihnen wurden im Krieg ausgezeichnet und sie erreichten über ihren Einsatz in den Medien ein Massenpublikum.

Direkte Treffen mit Rumsfeld

2002 trafen sie den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, insgesamt begegneten sie mit ihm mindestens 18 Mal persönlich. Die Kommunikationsexperten des Pentagons betrachteten die Militärexperten als wichtiges Instrument, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen – beispielsweise als es galt, 2005 der wachsenden weltweiten Kritik an Guantanamo zu begegnen.

Als erste von sechs Gruppen flogen einige Experten am 24. Juni 2005 nach Guantanamo. Während des Hin-, des Rückfluges und des Aufenthalten wurden ihnen die wichtigsten “Ergebnisse” ihres Ausflugs nahegebracht: Etwa wie sehr die Gefangenenlager verbessert wurden, welche Beschimpfungen die Wächter von Seiten der Gefangenen aushalten müssten und welche großzügigen Rechte den Insassen gewährt würden. Genau diese Botschaft brachten sie dann in den Medien rüber.

Auch “New York Times” beschäftigte Experten

Die Militärexperten traten in allen wichtigen US-Radio- und Fernsehsendern auf. Auch die “New York Times” selbst ging den Experten auf den Leim: Mindestens neun der Ex-Offiziere haben für die Zeitung Meinungsartikel geschrieben. Geld von der US-Regierung kam direkt keines, das erledigten die Medien. Etwa 500 bis 100 Dollar sollen pro Auftritt in die Taschen der Militärexperten geflossen sein.

Je mehr sie in den Medien waren, umso mehr Information bekamen sie aus dem Pentagon. Das führte dazu, dass die vermeintlichen Experten aus Angst, ihre Privilegien zu verlieren, auch Informationen weitergaben, die sie als falsch verdächtigten, schreibt die “New York Times”. Der Informationsfluss funktionierte auch in die umgekehrte Richtung: Die Militärexperten gaben Wissen aus den Medien an das Verteidigungsministerium weiter.

Wer kritisch wird, muss gehen

Aber der Kreislauf von Medienauftritten und Militärinformation blieb nur so lange aufrecht, bis ein Experte unbequem wurde. 2005 starben im Irak 14 Marines an einem Tag. Als sich einer der pensionierten Militärangehörigen kritisch darüber äußerte, wurde er vom Pentagon “gefeuert”.

Zudem seien die Militärexperten in das Interessengeflecht des Verteidigungsministeriums eingebunden – in der Regel wegen ihrer Verträge mit der Rüstungsindustrie und anderer Dienstleister der Streitkräfte. Über die Tätigkeit der Ex-Offiziere als Berater, Lobbyisten oder leitende Mitarbeiter in Unternehmen der Rüstungsbranche seien die Fernsehzuschauer nicht informiert worden.

“Wollten US-Bürger informieren”

Der Ex-Oberst und Mitarbeiter des Fernsehsenders NBC, Kenneth Allard, verteidigte die PR-Strategie der Regierung: “Das war eine abgestimmte, aktive Politik.” Pentagon- Sprecher Bryan Whitman sagte der “New York Times”, die Bemühungen seien ein “ernsthafter Versuch, die amerikanischen Bürger zu informieren” gewesen. Es sei absurd zu glauben, diese renommierten Ex- Offiziere ließen sich als “Marionetten” des Pentagons missbrauchen.

(Ag./Red.)

Die Verführung zur Duldung der Überfälle.

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